Von: Andreas Ederhof
Auszug: Den vollständigen Testbericht können Sie im Recording Magazin, Ausgabe 5/2009 nachlesen.
Die Firma beyerdynamic kann auf eine lange Tradition in Sachen Mikrofonbau zurückblicken – schließlich hat der Heilbronner Hersteller schon den einen oder anderen Mikrofonklassiker auf den Markt gebracht. An diese Tradition knüpf man nun mit der 900er-Kleinmembranserie, bestehend aus dem MC 910, dem MC 930 und dem MC 950 an.
... Die drei Kleinmembraner von beyerdynamic decken einen großen Aufgabenbereich im Studio und auf der Bühne ab. So ist das MC 910 mit seiner Kugelcharakteristik sehr gut für die Aufnahme von Raumklang geeignet, da die Kugelcharakteristik die Reflexionen aus allen Raumrichtungen aufnimmt. Mit Hilfe eines Stereopaars, bestehend aus zwei MC 910, können sehr natürlich und beeindruckend klingende Raumklangaufnahmen gemacht werden.
... Das MC 930 hat eine Nierencharakteristik, die eine sehr gute Unterdrückung von rückwärtig in das Mikro einfallendem Störschall bietet. Die Niere ist die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Richtcharakteristik, da sie ein sehr definiertes, gut vorhersagbares Klangbild produziert. Der Toningenieur muss mit einem Nierenmikro nicht lange herumexperimentieren, bevor er das gewohnte und meist auch erwünschte Klangergebnis gefunden hat. So eignet sich das MC 930 zum Beispiel hervorragend für die Abnahme der akustischen Gitarre im Studio oder zur Abnahme des Konzertflügels auf der Bühne. Auch akustische Saiteninstrumente oder die HiHat werden vom MC 930 sehr natürlich und definiert abgebildet.
... Die dritte in dieser Serie angebotene Richtcharakteristik ist die Superniere, die vom MC 950 realisiert wird. Die Superniere wird immer dann gebraucht, wenn seitlich einfallender Störschall noch stärker unterdrückt werden soll als bei der Niere. So entsteht bei der Abnahme des Drumsets das Problem, dass sich sehr viele Instrumente in unmittelbarer Nähe zueinander befinden. Die Toms sollen jedoch – genau wie die Snare und die Bassdrum – mit möglichst guter Kanaltrennung aufgenommen werden, um beim Mixdown jedes Instrument getrennt bearbeiten zu können. Bei der Abnahme der Toms ist das Übersprechen zwischen den Mikrofonen besonders groß, da die Toms direkt nebeneinander aufgebaut sind. Hier kann das beyerdynamic MC 950 mit seiner Supernierencharakteristik helfen, die Kanaltrennung deutlich zu verbessern. Im Vergleich zum Nierenmikrofon MC 930 klingt die Superniere des MC 950 etwas voluminöser und druckvoller und bietet ein wenig mehr Präsenz im Klang.
... Für die Aufnahme einer akustischen Gitarre im heimischen Studio unterzog ich das MC 930 einem Vergleichstest mit einem namhaften Kleinmembran-Klassiker. Beide Mikros wurden direkt nebeneinander aufgebaut und auf den Halsansatz der Gitarre gerichtet. Erst einmal war das MC 930 wesentlich „lauter“ als der Klassiker – erzeugte also einen höheren Ausgangspegel bezogen auf den einwirkenden Schalldruck. Das bedeutet, dass die Vorverstärkung beim MC 930 nicht so stark angehoben werden muss und somit ein geringerer Rauschteppich erzeugt wird. Auch das Klangbild des MC 930 konnte überzeugen: Ich war erstaunt über die saubere Wiedergabe der Obertöne und den ausgewogenen Klang, den ich einem Mikrofon in dieser Preisklasse nicht zugetraut hätte. Das MC 930 kann absolut mit den namhaften Marker dieser Zunft mithalten und ich würde nicht zögern, das MC 930, aber auch das MC 950 als Stützmikro für die Abnahme eines Sinfonieorchesters einzusetzen.
... Das MC 950 setzte ich bei einer Rock-Produktion testweise für die HiHat ein und war sofort begeistert: Der Klang der HiHat kam fein aufgelöst und seidig rüber – so, wie man die HiHat haben möchte. Die Kanaltrennung zur Snare war außerordentlich gut – nachdem ich auf dem HiHat-Kanal die Bässe gecuttet hattte, war die Snare extrem gut unterdrückt und ich konnte die HiHat sauber bearbeiten. Das MC 910 mit seiner Kugelcharakteristik nahm ich als Raummikro für einen Live-Mitschnitt und baute es auf ein Stativ in der Nähe des Mischpults auf. Der Live-Charakter und die Ambience dieses Konzert-Ereignisses wurden vom MC 910 sehr schön eingefangen und die Publikumsreaktionen waren ein belebendes Element in der Mischung.
... Obwohl es sich bei den drei Mikros MC 910, MC 930 und MC 950 um unterschiedliche Richtcharakteristiken handelt, ist die Klangcharakteristik bei allen Modellen sehr ähnlich. Wie bei den Kondensatormikros von beyerdynamic üblich, produzieren die Kleinmembraner ein brillantes, klares Klangbild, das sein Anhänger sowohl im Pop-Rock, als auch im Klassik-Bereich finden wird. Auch filigranere Instrumente, wie zum Beispiel die Violine oder eine Harfe, werden mit dem erwarteten Klangbild übertragen, so dass die Mikros als echte Allround-Talente eingestuft werden können. Vorbei die Zeiten, wo der Toningenieur für jede Stilrichtung einen eigenen Mikrofonfuhrpark auffahren musste: Die 900er-Serie verkleinert die Anzahl der „Must-Have“-Mikros drastisch. Das schont den Geldbeutel und die Packliste wird deutlich übersichtlicher.
... Aber nicht nur im Studio, sondern auch auf der Bühne machen das MC 930 und das MC 950 einen hervorragenden Job. Durch die extrem frequenzstabile Richtcharakteristik lässt sich insbesondere das Nierenmikro hervorragend für die Beckenabnahme oder die HiHat heranziehen, ohne dass es zu Rückkopplungen kommt. Durch die sehr gute Höhenauflösung erzeugen beide Modelle einen seidigen, brillanten Beckensound – gegenüber den üblicherweise auf Bühnen eingesetzten Mikros überzeugen durch ein sehr ausgewogenes und natürliches Klangbild.